Seit Ende Februar war es ja verdächtig still hier. Nicht weil ich etwas großes geplant habe, sondern weil das Leben einen dann doch mitreißt und man im großen Meer des Alltäglichen oder auch des ungewöhnlichen langsam versinkt.
So erging es mir Mitte März, plötzlich war die große Gefahr Corona in aller Munde, meine Eltern hatten auch noch Erstkontakt zu einem bereits wieder genesenden Patienten.
Also ging es für mich und eine Woche später dann auch all meinen Kollegen erstmal auf unbestimmte Zeit ins Homeoffice. Durch meine Tätigkeit als Logistikerin bei einem Ethanolhersteller, wurde dann auch recht bald deutlich, dass wir in dieser Krise unterstützen können, in dem wir Alkohol für Desinfektionszwecke bereitstellen.
Dadurch war die Zeit des Homeoffices und der Isolation eine unglaublich aufreibende Zeit. So hatten wir unsere Auslastung von 7 LKW im Monat auf knapp 150 gesteigert. Prozentual gesehen ist das wirklich unglaublich.
Zwischen den Vertragsneuanlage, der Koordination von Abholfenstern und alles was sonst noch an einem Arbeitstag anfällt, war diese Zeit auch privat ein echter „Höllenritt“.
Umzug für Kurzentschlossene
Um mich vor der sozialen Vereinsamung während des Lockdowns zu verschonen, hat mein Freund kurzerhand meine Arbeitsmaterialien und Sachen gepackt und mir gesagt, dass wir ja zusammenziehen können.
Zur endgültigen Entscheidung kam es aber erst dann, als mein Freund einer der Corona-Arbeitslosen wurde und es erstmal nicht sicher war, wann er wieder eine Stelle als LKW-Mechatroniker findet.
Ende März habe ich dann tatsächlich meine Wohnung gekündigt und so eine 1-Zimmer-Wohnung im Keller, ohne Tageslicht und Balkon gegen seine 3 Zimmerwohnung mit Balkon und Blick ins Grüne getauscht.
Der Umzug war mit viel Vorbereitung auch in 2 Tagen erledigt, wobei ich da wieder gemerkt habe, dass meine Ausräumaktionen noch viel zu viel unbeachtet gelassen haben. Da muss ich definitiv noch einmal ran.
Fehlende Zeit für einen Selbst
Viel Zeit für mich ist in den unzähligen Überstunden, die ich gesammelt habe nicht geblieben. Allerdings habe ich es geschafft an einzelnen Tagen geführte Meditationen auszuprobieren. Immer dann, wenn die Augen vom langen Starren auf den Monitor zu müde wurden, hat dass wirklich geholfen mich zu erden und nach getaner Arbeit auch wieder Distanz zum Job aufzubauen.
Leider war das Mediatieren und die innere Ruhe immer nur von kurzer Dauer. Viel zu sehr war mein Kopf vollgestopft von Ängsten, unerledigten Aufgaben und der Ungewissheit, wann wird das Leben wieder normaler? Wann darf ich meine Großeltern wieder besuchen?
Die größte Angst, dass mein Freund arbeitslos bleiben könnte hat sich schnell verflüchtigt. Nach 8 Bewerbungen und 4 Vorstellungsgesprächen war er in der glücklichen Lage sich seinen neuen Arbeitgeber sogar auszusuchen.
Auch bei mir nimmt es wieder normalere Formen an. Aktuell bin ich seit Anfang Juni wieder im Büro und bin einerseits natürlich traurig, nicht mehr solange schlafen, den Haushalt nicht mehr in der Mittagspause erledigen zu können und auch das Tragen von Hosen und Geschäftskleidung ist erstmal wieder unbequem. Auf der anderen Seite ist es schön, dass es aktuell wieder ruhiger ist, so kann ich wieder in mich hineinhören und herausfinden, welches Arbeitstempo für mich gesund ist und wann ich die Reißleine ziehen muss.
Rückblickend waren natürlich viele meiner Ängste und Sorgen völlig unbegründet, aber mittlerweile bin ich dabei das für mich persönlich einzuordnen und ad acta zu legen.
Wie erging es euch so in der Corona-Phase? Konntet ihr oder musstet ihr auch von zuhause arbeiten? Wie habt ihr den Lockdown empfunden? Habt ihr während des Lockdowns eine neue Fähigkeit erlernt?